Soziologie-ein fliegender Holländer? https://soziologiedesunbewussten.blogspot.be/2015/12/blog-post

Soziologie- ein fliegender Holländer?

Mein Artikel aus "soziologie heute", Oktober 2015, s. Blog-Artikel vom 2.12.2015

Dienstag, 7. Juni 2016

Psychopolitik und das digitale Unbewusste

Das digitale Unbewusste!

Byung-Chul Han bietet eine wunderbare psycho-philosophische Ergänzung zu meiner "Soziologie des Unbewussten"!

"In Analogie zum "Optisch-Unbewussten" (Walter Benjamins, GAS) könnte man das mikrophysische oder mikropsychische Beziehungsgeflecht auch das DIGITAL-UNBEWUSSTE nennen. Die digitale Psychopolitik wäre dann in der Lage, sich des Verhaltens der Massen auf einer Ebene zu bemächtigen, die sich dem Bewusstsein entzieht." (Han 2016: 88/89)

Er identifiziert die Emotionen als neue Produktionsmittel, die durch die neoliberale Bewusstseinsindustrie " ... sich der Emotion (bemächtigt, GAS), UM HANDLUNGEN AUF DIESER PRÄREFLEXIVEN EBENE ZU BEEINFLUSSEN. Über Emotion greift sie tief in die Person ein. So stellt sie ein sehr effizientes Medium der psychopolitischen Steuerung der Person dar." (Han 2016: 67)


Die Medien, heute insbesondere die digitalen, sozialen Medien produzieren das SUBJEKTIVE Gefühl der Freiheit und benutzen es OBJEKTIV als OBJEKT zur Ausbeutung der Massen.
Die Menschen beuten sich, manipuliert durch die liberalistische Ideologie in Werbung und Propaganda, "freiwillig" selbst aus, bis hin zur Depression, wenn nötig!


Bezogen auf die soziologisch mittlerweile populären Theorien über die Emotionen kommt er am Beispiel von Eva Illouz "Gefühle im Zeiten des Kapitalismus" zu dem einleuchtenden Schluss:

"Die hier aufgezählten Bezüge diverser soziologischer Theorien zur Emotion erklären überhaupt nicht die HEUTIGE Konjunktur der Emotion. ..... Der Kapitalismus der Emotion macht Gebrauch von der Freiheit. Die Emotion wird als Ausdruck freier Subjektivität begrüßt. Die neoliberale Machttechnik beutet gerade diese freie Subjektivität aus." Han 2016: 63/64)

Er spricht zwar von einer Ent-Psychologisierung als Gegenmaßnahme, wie ich sie auch von der Soziologie in meiner "Soziologie des Unbewussten" fordere, meint damit aber eine individuelle Lebenskunst und bleibt damit selbst in der Individualisierung und Psychologisierung der von ihm selbst beschriebenen sozialen STRUKTUREN stecken, wenn er psycho-philosophisch nachvollziehbar schreibt:

"Die neoliberale Psychopolitik ist die Herrschaftstechnik, die vermittels psychologischer Programmierung und Steuerung das herrschende System stabilisiert und fortführt. Die Lebenskunst als Praxis der Freiheit muss daher die Form einer Ent-psychologisierung annehmen. Sie entwaffnet die Psychopolitik als Medium der Unterwerfung. Das Subjekt wird ent-psychologisiert, ja ENT-leert, damit es frei wird für jene Lebensform, die noch keinen Namen hat." (Han 2016: 105)

Nein, Byung-Chul Han, Lebenskunst wird nichts STRUKTURELL entwaffnen, sondern eine schöne AUSNAHME bleiben!

Eine wissenschaftliche Soziologie, wie ich sie andeute, kann diesen nebulösen Schleier der Zukunft ein Stück weit lüften und die sozialen Prozesse benennen, die jenseits philosophischer und liberalistischer Aufklärungsphantasien notwendig sind, um diese Herrschaftsverhältnisse zu verändern.

Es geht um soziale Naturgesetze, die Du implizit richtig beschreibst, ihre WISSENSCHAFTLICHE Erkenntnis im Sinne statistisch signifikanter Ursache- Wirkungs-Zusammenhänge, die in JEDER Gesellschaft existieren, und ihre mögliche politische Anwendung zu Veränderung von sozialen STRUKTUREN.

Psychopolitik: Neoliberalismus und die neuen Machttechniken
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